Ostbevern vs Mubuga – oder ob man Äpfel mit Kaffeekirschen vergleichen kann…

Neulich hat mir jemand eine Nachricht geschrieben. „Hi Janine, du fährst ja bald nach Ruanda. Könntest Du einen Beitrag schreiben über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Mubuga, Ruanda und Deinem Wohnort Ostbevern, Deutschland?“
Puuuuuh, wo soll ich da anfangen? Wie kann man Äpfel mit Kaffeekirschen vergleichen?

Ein Versuch.

Ostbevern liegt ca. 18 km von Münster entfernt, hier leben viele (kinderreiche) Familien. Der Wohnraum ist bezahlbarer als im wunderschönen, aber leider überteuerten Münster.

Mubuga liegt ca. 18 km von Kibuye entfernt. Kibuye liegt direkt am wunderbaren Lake Kivu und wird von Touristen und Einheimischen gleichermaßen gerne besucht. Von Mubuga selber sieht man den Lake Kivu nur, wenn man auf einen der zahlreichen Berge klettert. Wenn man mühselig oben angekommen ist, wird man mit einem atemberaubenden Ausblick versöhnt. Das Landschaftsbild ist geprägt von Bergen und unzähligen Bananenplantagen, aufgelockert mit immergrüner Mischvegetation von Bäumen, Sträuchern und Gemüseanbau.

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Ostbevern und Berge? Nicht mal einen kleinen Hügel haben wir hier. Landschaftlich haben wir hier Mischwälder und eine typisch westfälische Landwirtschaft zu bieten: weite Landschaften, Mais, Weizen, Roggen, Triticale, Gerste, Senf und Rapsfeldern, gepflegt und gehegt von traditionell bäuerlichen Familienbetrieben.

Wegen der Berglage kann man in Mubuga und in den meisten anderen Regionen Ruandas keine flächendeckende Landwirtschaft mit z.B. Gerste oder Weizen betreiben, da während der Regenzeiten durch Erosion viele Pflanzen und Erträge vernichtet würden.
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Zu den meisten kleinen Häusern in Mubuga gehört ein Garten in dem auf einigen Quadratmetern Gemüse wie Mais, Bohnen, Süßkartoffeln, Bananen und Avocados zur Selbstversorgung und geringem Handel angebaut werden. Irgendwo laufen immer mal Ziegen, Hühner oder auch mal Kühe durch die Landschaft. Die Ziegen und Kühe sind oft in Obhut eines Jungen im Teenageralter.

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Damit kommen wir auch schon zu einem wesentlichen Unterschied. Die behütete Kindheit vs. Kindheit in Mubuga. In Ostbevern laufen morgens bei den kleinsten Regentropfen die Telefone heiß, um zu klären, wer die lieben Kleinen den 1 KM langen Schulweg mit dem Auto zur Schule fährt. Bei trockenem Wetter gehen einige Kinder zu Fuß, die meisten Kinder haben einen Roller, größere Schüler nehmen das Rad und aus den entfernteren Bauernschaften kommen die Busse.
In Mubuga? Die Schulwege sind lang, in manchen Fällen dauert ein Weg bis zu 2 Stunden. Die Wege durch die Berge ist anstrengend, ermüdend und gerade für Mädchen nicht ungefährlich.

Manche Kinder sind hungrig, da sie ohne Frühstück aus dem Haus gehen und manchmal erst in den Abendstunden ihre erste Mahlzeit bekommen. Es gibt keine öffentliche Verkehrsmittel, kein Auto und kein Roller, nur der beschwerliche Fußweg durch die Berge. In der Regenzeit sind die Wege rutschig, manche Flüsse treten über die Ufer und machen es unmöglich zur Schule zu kommen. Es gibt da das Mädchen Clemance, eines der ca. 900 Waisenkinder in Mubuga, die auf einer Insel wohnt und zunächst ihren Berg herunterläuft, ein Boot zum Festland nimmt, um dann noch ca. 1,5 Stunden zu Fuß zur Schule zu laufen. Vor der Schule versorgt sie noch die Tiere und holt für sich und ihre Großmutter Wasser aus dem Dorfbrunnen.

Die Grundschule dauert in Ruanda sechs Jahre. Die weiterführende Schule ebenso und wird in der Regel als Internatsschule besucht. In Mubuga gibt es eine Grundschule und zwei weiterführende Schulen. Die bischöfliche Schule wird als Internat geführt, der anderen Schule fehlt es derzeit leider noch an Wohnmöglichkeiten für die Schüler.
Ostbevern hat zwei Grundschulen und zwei weiterführende Schulen, wobei auch wir eine bischöfliche Schule mit Internat haben.
Die Schüler in Ruanda tragen Uniform, haben alle kurze Haare und sind mir vor allem durch ihre hohe Lernbereitschaft und ihre Motivation aufgefallen. Die Schulen sind oft mangelhaft mit Technik wie Computer oder Beamer ausgestattet. Die Regierung hat allerdings ein umfassendes Computerprogramm für Schulen beschlossen, so dass in den kommenden Jahren hoffentlich überall Computer zur Verfügung stehen werden.

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In den ländlichen Regionen Ruandas gibt es nach wie vor keine durchgehende Versorgung mit Strom und was noch viel gravierender ist, auch noch immer kein sauberes Trinkwasser in den Haushalten.

Auffallend wichtig ist der Glaube für die Menschen in Ruanda, er spielt im Alltag eine größere Rolle als bei uns. Die Kirchen sind zu jeder Messe sehr gut gefüllt, so gut, wie bei uns nur zur Weihnachten und zur Ostermesse.

Der Gemeindepriester ist neben der Seelsorge und der Aufgabe als Priester auch als Religionslehrer in den Schulen tätig. Er ist zuständig für die alltäglichen Probleme und Sorge der Gemeindemitglieder. In Mubuga kommen die Menschen jeden Alters zu ihm, um Rat und Hilfe zu erbitten. Und es wird geholfen, so gut es geht. Mit Krankenversicherungen, mit Schuluniformen, mit Schulgeld, mit einer Ziege oder einfach mit einem offenen Ohr und einem sehenden Auge. Der Priester ist Ansprechpartner für Alles.
In Deutschland sind die Zuständigkeiten oft auf verschiedenen Institutionen und Ämter verteilt. Jugendarbeit in den Gemeinden wie Mubuga findet statt, muss aber ohne finanzielle Mittel auskommen. Ferienfreizeiten, Ausflüge, Spielangebote und ein Jugendzentrum wie in Ostbevern gibt es nicht. Kann sich keiner leisten, erst Recht nicht die durch Armut geprägte Gemeinde Mubuga. Priester in Ruanda bekommen übrigens kein festes Gehalt, sie leben von den Geld- und Sachspenden der Gemeindemitgliedern.

In Ostbevern beschäftigen sich die Bürger derzeit mit den Fragen nach dem Bau eines neuen Rathauses (ob mit oder ohne Geschäfte und Tiefgarage), die Umgestaltung des Schwimmbades (mit oder ohne Freibad und Saunabereich).
In Mubuga geht es um das tägliche Überleben. Die Fragen „was esse ich heute?“ „wie versorge ich meine Familie morgen?“  „wie kann mein Kind medizinisch versorgt werden?“ bestimmen den Tagesablauf und die Sorgen der Menschen.

To be continued… gibt noch so viel mehr zu erzählen und zu zeigen. Sollte vielleicht mal ein Fotoband / Buch über Ruanda machen. Herzenssache.

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