Schaut auf Ruanda!

Viele verbinden Ruanda mit dem Genozid, Berggorillas oder toller Landschaft. Doch kaum jemand nimmt war, wie effektiv und großartig Ruanda gegen Corona arbeitet. Ruanda selbst wird international als “low-income” Land bezeichnet. Dennoch sind sie effektiver und das mit deutlich weniger Budget als viele Industrienationen.

Zufällig, gezielt und kostenlos

In Ruanda kann es Dir passieren, dass Du auf der Straße angesprochen wirst, ob Du einen freiwilligen Test machen möchtest. Der Mototaxifahrer genauso wie Fahrradfahrer, Fußgänger und Autofahrer – jeder darf kostenlos einen Test machen.

Alle Fotos sind von André Rugema, Fotograf bei RBC, Kigali.

Dazu sind unter anderem Drive-Ins aufgebaut worden. Vorfahren, registrieren lassen, Stäbchen rein und zack geht es weiter. Das Ergebnis bekommt man am gleichen Tag noch aufs Handy geschickt. Die Kapazitäten werden stetig erhöht- sowohl bei den täglichen Tests, als auch bei den landeseigenen Laboren. Erst vergangene Woche wurden wieder zwei weitere Labore dezentral eingerichtet.

Grenzorte zum Kongo wie Rusizi und Rubavu sind besonders stark betroffene Gebiete und befinden sich genau wie einige Teile von Kigali auch weiterhin im lokalen Lockdown. Dort wird gezielt und stark getestet um die Ausbreitung möglichst eng eingrenzen zu können.

Pool Testing

Während in Deutschland die Anschaffung von Swimmingpools der Sommertrend zu sein scheint, so ist es in Ruanda das Pool Testing. Nur das wir hier nicht despektierlich von einem Trend sprechen sollten. Sondern vielmehr von einer genialen Idee und Maßnahme zur Kostenreduzierung. Je nach Land kostet ein COVID-19 Test zwischen 30-100€.

Das Pool Testing wurde von Robert Dorfman 1943 entwickelt. Der amerikanische Ökonom hat dieses Verfahren für die US Armee für Syphilis Tests eingeführt. Seitdem hat es sich etabliert für sexuell übertragbare Krankheiten aber auch für Malaria.

Doch was ist das überhaupt? Beim Pool Testing werden Proben einer Gruppe von 20 bis 50 Personen zusammen getestet. Ist der Test negativ, sind alle Probanden negativ. Ein Test reicht also aus, um festzustellen, dass alle 50 Personen dieser Gruppe negativ sind.

Ist der Test positiv, so werden gezielt von den Proben dieser Gruppe einzelne Test gemacht. So wird die Person(en) gezielt gefunden, die den Test positiv werten lies. Konkretes und aktuelles Beispiel: gestern wurden über 7039 Menschen getestet, 26 davon waren positiv.

Das bedeutet, es konnten 7013 schnell per Pool Testing Verfahren negativ getestet werden und noch am gleichen Tag über das Ergebnis informiert werden. In einem “Sample”, also einer Gruppe befinden sich übrigens nicht wahlweise Probanden sondern Menschen, die zu einer Gruppen zusammen gefasst werden können: Mitarbeiter einer Bank // Markthändler // Taxifahrer // Gefängnisinsassen etc.

Umso leichter lassen sich hotspots erkennen und ausschließen.

Das Pool Testing hat also viele Vorteile: Kostenreduzierung, schnellere Ergebnisse und es gibt ein umfangreiches epidemiologisches Bild der Bevölkerung. Der einzige Nachteil ist, dass ein Patient mit einer COVID-19 Infektion aber ohne hohen nachweisbaren Virusanteil eventuell nicht erkannt werden. Aber dieses Risiko besteht bei Einzeltests auch.

Zurück zum Beispiel: für die 26 Erkrankten bedeutet es Isolation und Aufenthalt in einer der Quarantänestationen. Häusliche Quarantäne ist keine Option. Außerdem werden alle Familienangehörige und sonstige Kontaktpersonen ermittelt und getestet.

Aktuell gibt es landesweit 17 Behandlungszentren mit einer Kapazität für 1767 Patienten und 11 Quarantänestationen für bis zu 500 Personen.

In den Quarantänestationen werden zur Entlastung der Mitarbeiter und zur Eindämmung der Übertragung auch Roboter eingesetzt.

Die Kosten für Rwandesen – vom Test bis hin zu Quarantäneaufenthalt und Behandlung übernimmt übrigens der Staat.

Flugreisen ab 1. August

Einer dieser Roboter steht seit Kurzem auch am internationalen Flughafen in Kigali. Ab dem 1. August öffnet der Flughafen seinen internationalen Flugverkehr und alle Passagiere müssen einen aktuellen negativen Test vorweisen. In Kigali werden sie erneut getestet und vom Roboter wird von jedem Passagier in wenigen Sekunden die Temperatur gemessen und bei Bedarf auf die richtige Benutzung der Masken hingewiesen. Nase frei oder am Kinn hängend ist natürlich nicht erlaubt und der Roboter gibt entsprechend Anweisungen.

Für Gäste gilt eine 7-tägige Quarantäne auf eigene Kosten in bestimmen Unterkünften. Wer das Land besuchen möchte, findet hier die Unterkünfte:

Die EU und Deutschland weist Risikogebieten aus. Derzeit wird von Reisen zB nach USA, Brasilien und vielen anderen Ländern abgeraten. Zu den risikoarmen Ländern gehört Ruanda!

Rwanda hat Erfahrungen im Umgang mit Epidemien und sie sind vorbereitet. Diverse sichtbare Anti-Corona Maßnahmen laufen seit Januar diesen Jahres. Seit Mitte Januar beispielsweise sind alle Reisenden am Flughafen nach ihrer Reiseroute und Kontaktaufnahme gefragt worden und bei jedem Passagier wurde die Temperatur gemessen. Reisende aus Risikogebieten mussten in eine 14-tägige Quarantäne. Nahezu zeitgleich mit dem ersten COVID-19 Fall gab es eine wochenlange und strikte Ausgangssperre. Präventionsmaßnahmen und Schulschließungen etc waren gut organisiert. Nach wie vor gilt die Maskenpflicht und es stehen viele mobile Handwaschbecken zur Verfügung. Die Devise ist: Testen, Nachverfolgung und vielfältige Präventionsmaßnahmen fahren. Dieses Konzept scheint aufzugehen.

An dieser Stelle sei noch einmal die großartige Arbeit vom Rwandan Biomedical Centre und Dr. Sabin Nsanzimana erwähnt. Effektiv, clever, innovativ, strukturiert und organisiert beschreibt es nicht annähernd wie großartig sie arbeiten!

Im Herbst letzten Jahres durfte ich einige Wochen beim RBC arbeiten und ich habe einen persönlichen Einblick bekommen. Seitdem bin ich sehr von ihrer Arbeit angetan. Daher der Appell: schaut auf Ruanda! Dieses kleine Land macht vielen großen Ländern vor, wie es geht!

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